Warum Solarthermie eine Schlüsseltechnologie für kommunale Nahwärme und industrielle Prozesswärme ist
1. Einleitung
Die
Solarthermie nutzt die direkte Umwandlung von Sonnenstrahlung in
Wärme – eine ausgereifte, emissionsfreie Technologie. Sie eignet
sich hervorragend sowohl für die Nahwärmeversorgung in Kommunen
oder Quartieren als auch für die industrielle Prozesswärme. In
Zeiten steigender Energiepreise, CO₂-Bepreisung und
Klimaschutzzielen gewinnt Solarthermie enorm an Bedeutung.
An
dieser Stelle sei an das Buch von Franz Alt erinnert: „Die Sonne
schickt uns keine Rechnung“
2. Kommunale Nahwärme und Quartierlösungen
2.1 Größere Anlagen senken Wärmegestehungskosten
Während über 90 % der Solarthermieanlagen auf Einfamilienhäusern installiert sind, bieten großflächige Anlagen [insbesondere im Zusammenspiel mit Nahwärmenetzen und großvolumigen Wärmespeichern] erheblich höhere Deckungsanteile und niedrigere Kosten.
2.2 Praxis-Beispiel – Bioenergiedorf Büsingen
Die Gemeinde Büsingen (Baden-Württemberg) betreibt eine über 1 000 m² große Solaranlage, gekoppelt an ein Hackschnitzelheizwerk (Leistung: 1,40 MW). Die Solarthermie spart jährlich rund 450.000 Liter Heizöl und 1.200 t CO₂ ein. Zwei 50.000-Liter-Warmwasserspeicher unterstützen die Versorgung – im Sommer entlastet die Solaranlage das Holzkraftwerk.
2.3 Entwicklungsstand und Perspektiven in Deutschland
Bis Ende 2022 existierten in Deutschland 262 Solarfernwärme-Anlagen (> 350 kWth), mit insgesamt 1,41 GWth Leistung (entspricht 2,01 Millionen m² Kollektorfläche).
2022 wurden allein 33.879 m² neue Kollektorfläche eingebunden – ein Plus von 30 % gegenüber 2021. Die installierbare thermische Leistung für Fernwärme liegt bei über 102 MW
Stand Anfang 2024: 55 Solarfernwärme-Anlagen mit zusammen 112 MW in Betrieb; weitere 9 Anlagen (79 MW) in Realisierung und 70 Anlagen (277 MW) in Vorbereitung
2.4 Politischer Rückenwind – Förderprogramme & Planung
Durch
das „Gesetz zur lokalen Wärmeplanung“ (ab 2024) sind Kommunen
verpflichtet, bis 2026/28 entsprechende Wärmepläne zu erstellen;
zudem müssen neue Wärmeversorgungsnetze ab sofort ≥ 65 %
erneuerbare Wärme enthalten, bis 2030 soll die Hälfte des
Fernwärmebedarfs klimaneutral erzeugt werden.
Die
Förderinitiative BEW („Bundesförderung für effiziente
Wärmenetze“) stellt bis 2026 rund 4
Mrd. €
bereit – 677
Mio. € Förderung
wurden bereits bewilligt. Zuschüsse von bis zu 40 % der
Investitionskosten entlasten die Wirtschaftlichkeit deutlich.
2.5 Wettbewerbsvorteile für Kommunen
Niedrige Wärmegestehungskosten: Großanlagen liefern Wärme für 3–5 ct/kWh – deutlich günstiger als viele fossile Alternativen.
Sommerbetrieb entlastet Kessel: In warmen Monaten entfallen Teillastzustände, der Betrieb wird effizienter und Wartung einfacher planbar.
Langfristige Preissicherheit: Betriebskosten sinken, Substanzkosten berechenbar – Sicherheit für Kommunen und Betreiber.
3. Prozesswärme in der Industrie
3.1 Wirtschaftlichkeit und Rentabilität
Eine aktuelle Studie des Fraunhofer ISE zeigt, dass künftige Solar-SHIP-Anlagen (Prozesswärme) in Deutschland bis zu 50 % günstiger als erdgasbasierte Systeme sind. Die Levelized Cost of Heat (LCOH) liegen bei 3–7 ct/kWh, verglichen mit etwa 13,6 ct/kWh für Gas unter Einberechnung von Steuern, Netzentgelten und CO₂-Kosten.
Die Amortisationszeiten betragen zwischen 3,4 und 7 Jahren, je nach Standort, Solarfraction und Kollektortyp (Flach-, Vakuum-, Parabolrinnen). Bei Einsatz parabolischer Rinnen (120 °C, Süddeutschland) erreicht die Anlage bei 14 % Solarfraction bereits 3,4 Jahre Amortisation.
3.2 Langfristige Einsparungen
Ein Beispiel: Mit 50 % solarer Abdeckung bei 120 °C Prozesswärme ergibt sich bei einem 11-MW-System über 20 Jahre eine I nvestitionssumme von 12,6 Mio. €, aber Einsparungen von 25 Mio. € – das entspricht einem internen Zinsfuß (IRR) von 196 %. Bei nur 21 % Abdeckung belaufen sich Investitionen auf 3,8 Mio. €, Einsparungen auf 12 Mio. €, was einen IRR von 310 % ergibt.
3.3 Technisches Potenzial
Laut Analyse liegt das theoretische Potenzial für Solarprozesswärme unter 300 °C in Deutschland bei 134 TWh jährlich, das technische Potenzial bei etwa 16 TWh/a, was rund 3,4 % des industriellen Wärmebedarfs entspricht – der höchste Anteil in Europa.
3.4 Aktueller Stand
2022 gab es in Deutschland rund 450 Solarthermal-Prozesswärmeanlagen – ein Nischenmarkt, aber mit Potenzial. Nur 5 neue Anlagen kamen 2022 hinzu. Der größte geplante Standort ist ein 2 145 m²-System zur Gasdruckregelung (EUGAL-Pipeline).
4. Vergleichende Vorteile – Fazit
Anwendungsfall |
Projektbeispiel / Datenpunkte |
Vorteile der Solarthermie |
Kommunale Nahwärme |
Büsingen
– Solaranlage |
450
000 L Heizöl, 1 200 t CO₂ |
Großanlagen |
Deutschland:
|
3–5
ct/kWh Kosten – |
Förderung & Planung |
BEW:
4 Mrd. €; |
Finanzielle
Unterstützung, |
Industrielle Prozesswärme |
Fraunhofer
ISE: 3–7 ct/kWh, |
Deutlich
günstiger, |
Marktentwicklung |
450
Anlagen, großes Potenzial |
Substanzielles
Einsparpotenzial |
5.
Schlusswort
Solarthermie liefert sowohl für kommunale Wärmenetze als auch für industrielle Anwendungen überzeugende Argumente:
Kosteneffektivität: Niedrige Betriebskosten – bereits heute wettbewerbsfähig gegenüber fossilen Alternativen.
Wirtschaftlichkeit: Kurze Amortisationszeiten – für Gemeinden und Industrie finanziell attraktiv.
Klimavorteil: Reduktion von CO₂-Emissionen und Sicherung lokaler Wärmeversorgung.
Zukunftspotenzial: Skalierbar – technisch und politisch unterstützt – attraktive Perspektiven für Wende im Wärmesektor.
Angesichts der ambitionierten Klimaziele und der notwendigen Wärmewende sind Solarthermie-Lösungen ein Eckpfeiler der nachhaltigen Versorgung. Sie kombinieren Technik, Ökonomie und Ökologie – und bieten gerade Kommunen und Industrie klare Optionen zur Transformation.
Quellen:
https://www.sonnenseite.com/de/franz-alt/kommentare-interviews/die-sonne-schickt-uns-keine-rechnung/
https://www.waermewende.de/waermewende/kommunale-waermewende/technologien/
https://www.aee-intec.at/solarthermiestatistiken/
https://gsr.dididigital.de/modules/energy_supply/02_market_and_industry_trends/08_solarthermal/
https://de.wikipedia.org/wiki/Solare_Fernw%C3%A4rme
https://www.solarwirtschaft.de/en/topics-of-interest/solar-thermal/
https://www.sciencedirect.com/science/article/abs/pii/S1364032112003073
Beachte:
Die genannten Zahlen sind Annäherungswerte und sollen eine
Tendenz bzw. Richtung aufzeigen und sind keine verbindlichen Werte.