Der Kritiker und die Gutmenschen..
Vor einiger Zeit habe ich einen Spenden-Aufruf in Form von Crowdfunding für einen solaren Container in Afrika gelesen. Ausgeschrieben von einem großen Industrieunternehmen unserer Zeit.
Es ging darum ein Dorf in Afrika
mitten im Nirgendwo mit Strom zu versorgen. Dafür nahm man ein Bestandsprodukt
eines Unternehmens in die Hand, welches bereits einige Container zur solaren
Stromproduktion in Afrika mehrfach umgesetzt hat, packt noch einen netten
Aufschlag für …“was ganz Dolles“ drauf und vermarktet das Ganze unter einem
wohlklingenden Namen.
Die Gelder kommen von privaten Investoren die Gutes tun wollen, dafür erhält
man über X-Jahre eine Verzinsung die weit über den 0,5 % der eigenen Bank
liegen, plus Rückführung des Invests über Tilgungsraten. Vor Ort aufgestellt
zahlen die Anwohner einen Obolus, sagen wir mal 0,30 EUR pro kWh, und
re-finanziert das Gesamtprojekt auf diesem Wege. Das Risiko trägt der
Einzelinvestor, schließlich wird ja darauf hingewiesen, dass ein Totalverlust
des Invests möglich ist. Informiert wird man also. Der Ersteller der Anlage
freut sich über einen weiteren Auftrag, „Zum Wohle der armen Menschen vor
Ort..“.
Soweit so gut. Jetzt stellen sich mir als Kritiker solcher Business-Modelle natürlich ein paar Fragen.
Geht man nun ethisch/moralisch an
die Sache heran, ergibt sich folgende Frage die man in den Raum stellen muss..
Mitten im Nirgendwo werden die Menschen mit Strom und allen Spielereien der
modernen Medien versorgt, um in diesem Falle das Fenster gen Norden zu öffnen.
In den nun zugänglichen Medien zeigt man auf, was man im vermeintlich reichen
Europa doch so alles hat, was man lokal nicht finden kann. Die Frage ist also,
werden so nicht Begehrlichkeiten geweckt, denen man ohne mediale Vollversorgung
nicht gewahr geworden wäre? Schafft man so lokal real Perspektiven für die
Menschen vor Ort oder liefert man nur einen weiteren Grund um ins vermeintliche
Schlaraffenland zu flüchten?
Und startet man nun den Milchmädchenrechner, so ergibt sich folgendes Bild:
- Projektgesamtvolumen, ca. 350.000 - 450.000 EUR
- Kosten Container Turnkey, EK ca. 120.000 EUR (bei Mehrfachabnahme per anno steckt da noch einiges an Rabattmöglichkeiten)
- Ingenieurkosten um die entsprechende Umsetzung zu planen, sagen wir mal 50.000 EUR (halbes Jahr)
- Risikoaufschlag, sagen wir mal 25% => ca. 30.000 EUR
- Ausgekehrter Zins (Laufzeit z.B. 8 Jahre mit ca. 7% Zins und Gesamttilgung bezogen auf das Gesamtprojektvolumen!!) für die Privatinvestoren ca. 120.000 EUR
- Einnahmen aus der lokalen Vermarktung des Stromes, sagen wir mal 60 kWp => 75.000 kWh/anno * 0,30 EUR/kWh => 22.500 EUR/anno * 8 Jahre => 180.000 EUR zzgl. weitere 12 Jahre (bei Gesamtanlagenlebensdauer 20 Jahre) => 270.000 EUR
- So bleibt doch ein nettes Sümmchen übrig für das nächste Projekt
- Das Risiko des Gesamtverlustes für die Kosten der Anlagenerstellung ist mit den 8 Jahren gesichert, der Rest ist Business-Case.
Nun, meckern geht ja immer, daher mal eine kritische These die ich einfach mal ohne ausschweifende Erläuterungen in den Raum stellen möchte:
Was wäre, wenn man:
- Lokal
Menschen schult um sie mit dem Thema Erneuerbare, hier Anwendung von
Photovoltaik zur Eigenversorgung, vertraut zu machen?
Das Masterpiece wäre dann, am Ende der Schulungsmaßnahme, der eigene Container zur Stromversorgung der Community mit PV-Strom in Form eines Workshops - Einkauf der für ein komplettes System notwendigen Komponenten
- Kosten ca. 80.000 EUR (auch hier gilt, je mehr im Jahr umso günstiger)
- Ingenieurkosten für die Schulung, Training, Supervision ca. 50.000 EUR
- Schulungsmaterial ca. 20.000 EUR
- Rückführung der Kosten über den Stromverkauf an die jeweiligen Nutzer der Community wie gehabt, d.h. 0,30 EUR/kWh
- Das First-Invest wäre bezahlt nach ca. 7 Jahren..
- Ab Jahr 8 erwirtschaftete Erträge gereichen zur weiteren Verwendung..
- D.h. über die gesamte Laufzeit 20 Jahre, lokale Einnahmen der Community ca. 450.000 EUR
Damit könnte man in der Community, in „Eigenregie“, weitere lokale Projekte finanzieren, schafft lokal Perspektiven für die Bevölkerung und gibt einen Grund vor Ort bleiben zu wollen, weil man sich selbst eine Chance erarbeitet hat die Zukunft der Gemeinschaft lokal selbst zu sichern. Zu solchen Projekten gehören in Regionen mit Landwirtschaft z.B. auch eigenversorgte Kühlcontainer und viele andere Ideen mehr. Ganz zu schweigen von Faktoren die hierbei oftmals vernachlässigt werden: „Man schafft mit Stolz, Würde und Ehre etwas Eigenes“.
Es geht hierbei nicht darum, den Gutmenschen ihren Wunsch zu nehmen etwas Gutes zu tun, sondern darum auf Augenhöhe zu agieren und es den Menschen vor Ort zu ermöglichen etwas Eigenes zu schaffen, was mit viel Eigenengagement, Schweiß und Würde selbst initiiert, geplant und umgesetzt wird. Lediglich mit einer stützenden Hand, mit entsprechender Expertise, an ihrer Seite.
Dazu kann sich jeder sein eigenes Bild machen. In der Bewertung gibt es hierzu sicherlich kein einfaches Schwarz und Weiß, sondern sehr viele Grautöne. Im Hinblick zu meinen bisher gesammelten Erfahrungen und zahllosen Gesprächen mit lokalen Entities ein schlichter Fakt, den man nicht vernachlässigen darf??
Anmerkung:
Ein Solarcontainer ist im Übrigen nur ein Beispiel von vielen, was man vor Ort,
auf Augenhöhe „im Sinne der Community“ umsetzen könnte!
The critic and the do-gooders...
Some time ago I read an appeal for donations in the form of crowdfunding for a solar container in Africa. Tendered by a large industrial enterprise of our time.
It was about supplying a village in Africa in the middle of nowhere with electricity. To do this, they took an existing product from a company that has already implemented several containers for solar power production in Africa several times, added a nice surcharge for ... "something really innovative" and marketed the whole thing under a nice-sounding name.
The money comes from private investors who want to do good, and in return they receive an interest rate over X years that is far above the 0.5% of their own bank, plus repayment of the investment through redemption installments. Locally installed, the residents pay an obolus, let's say 0.30 EUR per kWh, and re-finances the entire project in this way. The risk is borne by the individual investor, after all, it is pointed out that a total loss of the investment is possible. One is informed thus. The creator of the plant is happy about another order, "For the benefit of the poor people on site".
So far so good. Now I as a critic of such business models naturally ask myself a few questions.
Approaching now ethically/morally the thing, the following question arises which must be put into the space....
In the middle of nowhere, people are supplied with electricity and all the possible applications of modern media, in this case to open the window to the north. In the now accessible media is inevitable points out, what we do have in the allegedly rich Europe nevertheless so everything, which cannot been find locally.
So the question is: Doesn't this awaken desires that the people would not have become aware of without full media coverage? Does this create real prospects for local people, or does it just provide another reason to flee to the supposed land of milk and honey?
And if we now start the milkmaid calculator, the following picture emerges:
- Total project volume, approx. 350,000 - 450,000 EUR
- Costs turnkey container, purchase price approx. 120,000 EUR (in case of multiple acceptance per year, there are still some discount possibilities)
- Engineering costs to plan the corresponding implementation, let's say 50,000 EUR (half a year)
- Risk surcharge, let's say 25% => approx. 30,000 EUR
- Interest paid out (term e.g. 8 years with approx. 7% interest and total repayment related to the total project volume!!) for the private investors approx. 120,000 EUR
- Income from local marketing of the electricity, let's say 60 kWp => 75.000 kWh/anno * 0,30 EUR/kWh => 22.500 EUR/anno * 8 years => 180.000 EUR plus additional 12 years (with total plant lifetime 20 years) => 270.000 EUR
- So there is a nice amount of money left for the next project
- The risk of total loss for the costs of the plant construction is secured with the 8 years, the rest is business case.
Well, complaining is always possible and easy, so here is a critical thesis that I would like to put forward without elaborate explanations:
What would be, if:
- Local people are trained, to familiarize them with the topic of renewables, in this case the use of photovoltaics for self-sufficiency?
- The masterpiece would be, at the end of the training, the own container for the power supply of the community with PV electricity via a workshop course.
- Purchase of the components, necessary for a complete system
- Costs approx. 80,000 EUR (again, the more in a year the cheaper)
- Engineering costs for training, supervision approx. 50.000 EUR
- Training materials approx. 20.000 EUR
- Return of costs via electricity sales to the respective users of the community as before, i.e. 0.30 EUR/kWh
- The First-Invest would be repaid after approx. 7 years.
- From year 8 on, the generated income would be available for further use for the community.
- I.e. over the entire duration 20 years, local income of the community approx. 450,000 EUR.
With this, the locals could finance further local projects in the community, in "self-direction", creates local perspectives for the population and gives a reason to want to stay on site, because they themselves have worked out a chance to secure the future of the community locally. In regions with agriculture, such projects could include, for example, self-supplied refrigerated containers and many other ideas. Not to mention factors that are often neglected: "You create something of your own with pride, dignity and honor".
It is not about taking away the wish of the do-gooders to do something good, but to act on eye level and to enable the local people to create something of their own, which is initiated, planned and realized with a lot of own commitment, sweat and dignity. Only with a supporting hand, with appropriate expertise, accompanying them from the first idea to the executed project.
Everyone is invited to make its own picture. In the evaluation, there is certainly no simple black and white on this, but very many shades of gray. In view of my experiences gathered so far and countless conversations done with local entities, this is a simple fact that cannot be neglected?
Remark:
A solar container is, by the way, only one example of many what could be
implemented on site, at eye level "in the sense of the community"!
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